Redebeitrag der Interventionistischen Linken bei der Demo aus Anlass „1 Jahr Befreiung Kobanes“

Liebe FreundInnen,
Wir erleben zur Zeit einen der schmutzigsten Deals zwischen den
politischen Klassen der EU/ Merkel und der AKP-Regierung der Türkei.

Mitten im Bürgerkrieg Syriens war es 2012 gelungen, dass die Region
Rojava (der Name für Westkurdistan in Syrien) ihre Selbstverwaltung
erklärte und den Aufbau zivilgesellschaftlicher Einrichtungen umsetzte:
ethnische und religiöse Pluralität und Toleranz, Gleichstellung der
Frauen, Basisdemokratie. Das ist alles ist keine Propaganda und
Ideologie, keine linke Träumerei. Hier wurde es versucht! Im
fürchterlichen Bürgerkrieg von Syrien war es lange die einzig sichere
und friedliche Region für viele Menschen. Aber weder die EU, noch unsere
„Menschenrechtsaktivistin“ Merkel oder die türkische Regierung hatten
natürlich ein ernsthaftes Interesse an einem solchen Projekt.
Vor allem die Kurdinnen kämpften mutig und entschlossen gegen ihre
Belagerung durch den IS, der von der Türkei logistisch unterstützt wurde,
sie befreiten die JesidInnen aus den Bergen von Shingal
und versuchen heute, ihre zerbombten Städte wieder aufzubauen.

Gleichzeitig wurde im letzten Jahr der Friedensschluss mit der PKK durch
die türkische Regierung beendet. Während der jüngsten Großoffensive in
der Provinz Sirnak nahe der syrischen Grenze mit dem Einsatz von über
10.000 Soldaten und Spezialkräften der Polizei äußerten Staatspräsident
Erdogan und Ministerpräsident Davutoglu, dass der Krieg gegen die Kurden
solange fortgeführt werde, bis die PKK „vernichtet“ und die Städte
„gesäubert“ seien. Über 100 Menschen fielen den Angriffen in der letzten
Woche zum Opfer, über 200.000 Menschen sind derzeit auf der Flucht,
ZvilistInnen, Kinder und Jugendliche werden Opfer dieses schmutzigen
Krieges.

Und in der Türkei weitet Erdogan seinen Krieg gegen alle DemokratInnen
und friedensliebenden Menschen aus. Zum Aufruf der AkademikerInnen für
den Frieden, die die Einstellungen der Kampfhandlungen forderten, sagte er:
„Das ist keine Angelegenheit der Meinungsfreiheit. Sie haben kein
vaterländisches oder nationales Anliegen. Sie wollen nur unser Land,
unser Vaterland ins Chaos stürzen …Ich gehe davon aus, dass unsere
betreffenden Institutionen entsprechend unserer Verfassung und den
Gesetzen, gegen diesen offen verbrechensfördernden Verrat das
Notwendige tun werden.“ Protestaktionen und Demonstrationen werden unter
Einsatz von Tränengas und Polizeigewalt aufgelöst. Demokratische
Organisationen wie die Demokratische Partei der Völker (HDP) werden
verfolgt und sollen verboten werden.
Der EU-Erdogan Deal
Das Schweigen der EU zu dieser Politik erkauft sich die AKP-Regierung
damit, dass sie das dreckige Geschäft der Flüchtlingsabwehr treibt. Für
eine Abschottung der Grenzen zu Griechenland als „Schutz“ Europas vor
weiteren Menschen auf der Flucht erhält die Türkei umfassende politische
und finanzielle Unterstützung: Visa-Erleichterungen für Geschäftsleute
und intensivere Verhandlungen um einen EU-Beitritt. Diese Zugeständnisse
drücken vor allem ein öffentliches Zustimmung zu den unvorstellbaren
Menschenrechtsverletzungen durch die AKP-Regierung und ihrer
Kriegsführung gegen die kurdische Bevölkerung aus.
3 Mrd. sollen jetzt fließen:
dafür, dass die Türkei sog. illegale Flüchtlinge wieder zurücknimmt,
dass sie den Flüchtlingsstrom aus Syrien und anderen Ländern
kontrolliert, d.h. wohl stoppt.
Und in der BRD wird von der „Menschenrechtsaktistin“ Merckel der
Ministerpräsident der türkischen Regierung, der gleiche, der die die
Opposition im eigenen Land bekämpft, der massiv gegen die Kurdinnen
vorgeht, Krieg gegen sie führt, und der für die Unterstützung des IS
steht, mit militärischen Ehren, ausführlichen Gesprächen und vielen
finanziellen Zusagen hofiert.
Nirgendwo als hier wird wohl die Doppelzüngigkeit der bundesdeutschen
Regierungspolitik deutlicher: Frau Merkel profiliert sich einerseits als
„Menschenrechtsverteidigerin“ mit ihrer Flüchtlingspolitik, anderseits
erleben wir massivste Verschärfungen und Einschränkungen im Asylrecht
und offene Unterstützung einer türkischen Regierung, die von
Menschenrechten im eigenen Land nichts hält und alle verfolgt und
ermordet, die sich ihren religiös-nationalistischen Großmachtsträumen in
den Weg stellen und zugleich die Bewegung verfolgt, die gegen den
IS-Terror in der Region kämpft. Wir sehen deutlich, dass solcher Politik
nur ein gemeinsamer Kampf etwas entgegensetzen kann. Und deshalb ist es
gut, dass sich hier heute TürkInnen, KurdInnen und Deutsche gemeinsam
treffen und fordern:
Stopp dem Staatsterror in der Türkei!
Keine Militärhilfe an die Türkei!
Grenzen auf für Flüchtlinge! Die EU muss die geflüchteten Menschen aus
der Region aufnehmen und schützen!
Grenzen auf nach Rojava! Unterstützt den Wiederaufbau der demokratischen
Selbstverwaltung dort!
Für die Anerkennung der autonomen Gebiete von Rojava und der
Selbstverteidigungskräfte dort durch BRD und EU!
Schluss mit dem PKK-Verbot!

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